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PD: GOTTFRIED KINKEL UND CARL SCHURZ
PD: GOTTFRIED KINKEL UND CARL SCHURZ

Der am 2. März 1829 bei Liblar in der Nähe von Köln geborene Carl Schurz schrieb auf beiden Seiten des Atlantiks Geschichte. Als einer der führenden Köpfe der deutschen Revolution von 1848 geriet er in die Schlagzeilen, als er durch eine spektakuläre Befreiungsaktion seinen Lehrmeister und guten Freund Gottfried Kinkel befreite, der zur Stigmatisierung nach der gescheiterten Revolution zu einer lebenslangen Strafe in ein Berliner Zuchthaus bei Spandau eingewiesen wurde. Selbst entkam der damalige Adjutant der revolutionären badisch-pfälzischen Armee, mit einigen seiner Kameraden, dem Standgericht durch die Kanalisation bei Raststatt. Vielleicht war es die Meisterung der Bodenprobe bei Raststatt, welcher Carl Schurz zu einem der bedeutendsten Verfechter der Demokratie heranreifen ließ, wenn auch in der Neuen Welt, welche für viele der sogenannten Achtundvierzieger zum Leuchtturm jener Ideale wurde, für welche Deutsche seit den Napoleonischen Befreiungskämpfen und der enttäuschenden Ernüchterung durch den Wiener Kongress von 1815 bereits in der zweiten Generation kämpften - das Selbstbestimmungsrecht in einem vereinten Land. In kurzer Zeit stieg Schurz vom deutschen Einwanderer zum amerikanischen Staatsmann auf, der sich gegen die Sklaverei einsetzte und Lincolns Amerika als Diplomat in Madrid vertrat, ehe er Abraham Lincoln persönlich bat sich aktiv an den Kämpfen der vom Bürgerkrieg zerfressenen Vereinigten Staaten zu beteiligen. Auch im Militär gelang es Schurz innerhalb kürzester Zeit die Ränge nach oben zu durchlaufen, um schließlich als General für den Erhalt der Union zu kämpfen. Nach dem Bürgerkrieg wurde Schurz Journalist für mehrere amerikanische Tageszeitungen. Seine politische Karriere begann er als Senator für den Bundesstaat Missouri. Unter US-Präsident Hayes wurde er Innenminister der USA. Nach der Gründung des deutschen Kaiserreichs kehrte Schurz noch einmal für kurze Zeit in sein altes Heimatland zurück und traf Otto von Bismarck. In den Gesprächen tauschten sich beide über die damalige imperialistische Weltpolitik aus, welche beide kritisierten.

CARL SCHURZ IN DEUTSCHLAND

"Gleichheit der Rechte, in allgemeiner Selbstregierung verkörpert, ist das große moralische Element wahrer Demokratie;

sie ist das einzige zuverlässige Sicherheitsventil in der Maschinerie der modernen Gesellschaft"

-Carl Schurz-

Carl Schurz besuchte das Jesuiten-Gymnasium in Köln und musste aufgrund von finanziellen Nöten als "Auswärtiger" sein Abitur absolvieren, d. h. er lernte nicht vor Ort, sondern eignete sich das nötige Wissen als nicht immatrikulierter Student an der Universität Bonn an. Nach dem Erwerb seiner allgemeinen Hochschulreife im August 1847, wurde Schurz ordentlicher Student für Philologie und Geschichte an der Universität Bonn. Bereits während seiner Zeit als Gasthörer rückten die politischen Ziele der Studentenverbindung Frankonia in sein Interesse. Die Burschenschaft wurde 1845 an der neuen Bonner Universität gegründet und hielt die Ideale von deutscher Einheit und bürgerlichen Freiheiten lebendig, welche nach der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) von Freiheitskämpfern gefordert wurden. Der Wiener Kongress von 1815 stellte kein einheitliches Staatsgebiet, sondern lediglich die Macht der Fürstentümer wieder her. Dies führte zu Enttäuschungen vieler ehemaliger Freikorps. Schurz schätzte den liberalen Geist und das wissenschaftliche Arbeiten innerhalb der Frankonia und bald wurde aus dem schüchternen jungen Studenten ein selbstbewusster Vertreter der freiheitlichen Idee. Während eines Rhetorikkurses  wurde der Professor Gottfried Kinkel auf die Leistung von Schurz aufmerksam, der die große Leichenrede des Mark Anton aus Julius Caesar analysierte. Kinkel spielte eine wichtige Rolle bei den "Märzforderungen", bei denen Grundrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Ideen im Vordergrund standen. Carl Schurz wirkte in diesen Forderungen bald als rechte Hand von Kinkel und leitete parallel zu seinem Studium die Redaktion der Neuen Bonner Zeitung, welche Gottfried Kinkel innehatte bis er Abgeordneter in Berlin wurde. Mit der gescheiterten deutschen Revolution von 1948/49 gerieten die Verfechter der freiheitlichen Ideale sehr schnell ins Visier der preußischen Behörden. Carl Schurz schloss sich der pfälzischen Artillerie an, welche neben weiteren Milizen für ein demokratisches Deutschland und gegen die Machtverhältnisse der Fürstentümer des Deutschen Bundes kämpften. Da seine Einheit in Raststatt von der preußischen Armee eingekesselt wurde, entschied sich Schurz zusammen mit anderen Kämpfern zur Flucht durch die Kanalisation, um dem Standgericht zu entkommen. Gottfried Kinkel hingegen wurde zu einer lebenslänglichen Festungsstrafe in einem Zuchthaus verurteilt. Diese demütigende und erniedrigende Behandlung für einen Gelehrten sollte als abschreckendes Beispiel für politische Freiheitskämpfer dienen. Carl Schurz wurde mit einem Schlag im In- und Ausland bekannt, als er seinen Lehrer aus dem Zuchthaus von Spandau befreite. Viele Freiheitskämpfer fanden vorübergehend Schutz in Großbritannien. Da er hier jedoch ein Fremder bleiben würde und in einem Land als vollwertiger Staatsbürger leben wollte, entschied er sich 1852, zusammen mit seiner frisch vermählten Frau Margarethe, in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Hier konnte er wieder ein vollwertiger Bürger werden. Er wurde zu einem berühmten 48er. So nannte man jene politische Flüchtlinge in den USA, welche  aktiv an der deutschen Revolution von 1848 beteiligt waren.

CARL SCHURZ IN DEN USA

PRESIDENT HAYES AND HIS CABINET. LIBRARY OF CONGRESS. 1877.
PRESIDENT HAYES AND HIS CABINET. LIBRARY OF CONGRESS. 1877.

Nach einem kürzerem Aufenthalt in New York, zogen Carl und Margarethe Schurz nach Watertown in Wisconsin, da es dort eine große "Deutsche Gemeinde" gab. Hier verdiente Schurz seine Brötchen als Farmer und ließ sich nebenbei zum Rechtsanwalt ausbilden. Seine Frau Margarethe schrieb bereits deutsch-amerikanische Geschichte als sie den ersten Kindergarten in den Vereinigten Staaten eröffnete und mit der Institution ein neues Wort in die englische Sprache einführte. Auch Carl Schurz wurde bald wieder politisch aktiv und konnte seine Meinung erstmals in einem demokratischen Land äußern, ohne Angst vor Repressionen haben zu müssen. Er bezog eine klare Stellung gegen die Sklaverei und half Abraham Lincoln, den er erstmals 1858 persönlich traf, die Grand Old Party (GOP) als neue Partei zu formatieren. Schurz war für Lincoln von Interesse, da er eine gute Verbindung zu den deutschstämmigen Amerikanern hatte und somit zu einer Zielgruppe, welche die ausschlaggebenden Wahlstimmen für einen Sieg der republikanischen Partei geben konnten. Carl Schurz trat in die republikanische Partei ein und unterstütze Abraham Lincoln in seinem Wahlkampf als deutscher Sprecher der damals ehrenhaften Partei. Schurz wurde zu einem führenden Mitglied der Republikaner und fand ein politisches Zuhause, welches seinen  moralischen und demokratischen Idealen entsprach, die er bereits in seiner Zeit in Deutschland verinnerlichte. Antideutschen Ressentiments und den Vorwürfen, dass Deutsche ihre Wurzeln in Deutschland nicht vollständig abgeschlagen hätten, begegnete Schurz mit der Antwort, dass ein Bürger seines neuen Vaterlandes nicht Wert sei, wenn er sein altes nicht ehren könnte. Einer Aussage, welche bei zwei ähnlichen Kulturkreisen durchaus zutreffend und legitim ist. Mit der Wahl von Abraham Lincoln braute sich ein Sturm in den USA zusammen und bereits wenige Monate später tobte der Bürgerkrieg. Carl Schurz wurde als Botschafter nach Madrid entsandt, bat aber mehrfach den 16. Präsidenten Abraham Lincoln in den Militärdienst einberufen zu werden. Im Militär diente Carl Schurz  zunächst unter General John Fremont. Schurz erlebte persönlich den Horror und Schrecken der beiden Schlachten von Bull Run und Fredericksburg. Nach diesen beiden Kämpfen wurde Schurz zum Generalmajor befördert und stieg rasant in der militärischen Hierarchie auf, bis ihm letztendlich die Befehlsgewalt über die 3. Division der Virginia Armee als Brigadegeneral übertragen wurde. Im Jahr 1864, der amerikanische Bürgerkrieg war noch nicht zu Ende, reiste Schurz erneut als Wahlkampfhelfer für Lincolns republikanische Partei durch die Unionsstaaten. Die deutschstämmigen Amerikaner vertrauten Schurz und den vorgestellten Zielen der Grand Old Party. Nachdem der Alptraum des amerikanischen Bürgerkrieges im Jahr 1865 von Lincoln und seinen Generälen beendet werden konnte, kommt der Präsident am 14. April 1865 durch den Südstaatler John Wilkes Booth im Ford Theater in Washington DC ums Leben. Der 17. Präsident Andrew Johnson benötigte Carl Schurz nicht beim Wiederaufbau des zerüttelten und traumatisierten Landes. Schurz wird nun Journalist und schreibt für "New Yorker Tribune", der "Detroit Post" und in St. Louis, Missouri für die deutschsprachige Zeitung "Westliche Post".

Am 4. März 1869 zog er als republikanischer Senator des Staates Missouri nach Washington. Carl Schurz setzte seine politische Karriere fort und wurde vom US-Präsidenten Rutherford Birchard Hayes zum Innenminister berufen. Hier machte sich Carl Schurz vor allem durch erfolgreiche Verhandlungen mit den Sioux Indianern, welche seine ehrliche und menschliche Art zu schätzen wussten, einen Namen im politischen Washington.Carl Schurz unternahm im Jahr 1888 eine größere Europa Reise und traf im mittlerweile geeinten Deutschland den Bundeskanzler Otto von Bismarck.

Carl Schurz gelang es, als erstem Deutschen in den USA ein Ministeramt zu bekleiden. Seine Verdienste werden heute durch ein Denkmal mit der Inschrift: "Carl Schurz, Defender of Liberty and a Friend of Human Rights" honoriert.

Quellenangabe:

Emmerich, Alexander. Little Germany: Deutsche Auswanderer in Nordamerika. Frankfurt am Main: Campus Verlag GmbH, 2019.

 

Geiger, Rudolf. Der deutsche Amerikaner: Carl Schurz - vom deutschen Revolutionär zum amerikanischen Staatsmann. Independently published, 2018.