FERDINAND FREILIGRATH


SCHWARZ - ROT - GOLD

Illustration. 1867
Illustration. 1867

"Schwarz-Rot-Gold" ist eines der bekanntesten Gedichte über die Deutsche Flagge und wurde 1848 von Ferdinand Freiligrath während der Revolution in Deutschland geschrieben. Das Gedicht ist ein politisches Manifest und eine Hymne auf die deutsche Nation, die zu dieser Zeit nach nationaler Einheit und Freiheit strebte.

 

Ferdinand Freiligrath (1810-1876) war ein deutscher Dichter und Übersetzer, der im 19. Jahrhundert bekannt wurde und heute als einer der bedeutendsten Vertreter der politischen Lyrik in Deutschland gilt. Geboren in Detmold, studierte Freiligrath Jura und Philologie in Berlin und Heidelberg, bevor er eine Karriere als Dichter und Schriftsteller einschlug. Sein erster Gedichtband "Gedichte eines Lebendigen" erschien 1838 und enthielt bereits politische und soziale Themen, die zu einem Markenzeichen seines Schreibens werden sollten.

 

Freiligrath engagierte sich politisch und nahm aktiv an den Revolutionen von 1848/49 teil, die die politische Landschaft Europas veränderten. Als Folge seiner politischen Aktivitäten wurde er jedoch inhaftiert und musste ins Exil gehen, wo er bis 1868 in London lebte. In späteren Jahren kehrte Freiligrath nach Deutschland zurück und veröffentlichte weiterhin Gedichte und Übersetzungen. 

 

In Kümmernis und Dunkelheit,

Da mußten wir sie bergen!

Nun haben wir sie doch befreit,

Befreit aus ihren Särgen!

Ha, wie das blitzt und rauscht und rollt!

Hurra, du Schwarz, du Rot, du Gold!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Das ist das alte Reichspanier,

Das sind die alten Farben!

Darunter haun und holen wir

Uns bald wohl junge Narben!

Denn erst der Anfang ist gemacht,

Noch steht bevor die letzte Schlacht!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Ja, die das Banner ihr gestickt,

Ihr Jungfern unverdrossen,

Derweil am Feuer wir gebückt

Uns Flintenkugeln gossen:

Nicht, wo man singt nur oder tanzt,

Geschwungen sei’s und aufgepflanzt! -

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Denn das ist noch die Freiheit nicht,

Die Deutschland muß begnaden,

Wenn eine Stadt in Waffen spricht

Und hinter Barrikaden:

»Kurfürst, verleih! Sonst - hüte dich! -

Sonst werden wir - - großherzoglich!«

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Das ist noch lang die Freiheit nicht,

Die ungeteilte, ganze,

Wenn man ein Zeughaustor erbricht,

Und Schwert sich nimmt und Lanze;

Sodann ein Weniges sie schwingt,

Und - folgsamlich zurück sie bringt!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

  

Das ist noch lang die Freiheit nicht,

Wenn ihr an Brockhaus’ Glase

Ausübt ein klirrend Strafgericht

Ob einer Dresdner Nase!

Was liegt euch an dem Sosius?

Drauf: - in die Hofburg Stein und Schuß!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Das ist noch lang die Freiheit nicht,

Wenn man, statt mit Patronen,

Mit keiner andern Waffe ficht,

Als mit Petitionen!

Du lieber Gott: - Petitioniert!

Parlamentiert, illuminiert!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Das ist noch lang die Freiheit nicht,

Sein Recht als Gnade nehmen

Von Buben, die zu Recht und Pflicht

Aus Furcht nur sich bequemen!

Auch nicht: daß, die ihr gründlich haßt,

Ihr dennoch auf den Thronen laßt!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Die Freiheit ist die Nation,

Ist aller gleich Gebieten!

Die Freiheit ist die Auktion

Von dreißig Fürstenhüten!

Die Freiheit ist die Republik!

Und abermals: die Republik!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Die eine deutsche Republik,

Die mußt du noch erfliegen!

Mußt jeden Strick und Galgenstrick

Dreifarbig noch besiegen!

Das ist der große letzte Strauß -

Flieg aus, du deutsch Panier, flieg aus!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Zum Kampfe denn, zum Kampfe jetzt!

Der Kampf nur gibt dir Weihe!

Und kehrst du rauchig und zerfetzt,

So stickt man dich aufs neue!

Nicht wahr, ihr deutschen Jungfräulein?

Hurra, das wird ein Sticken sein!

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

Golden flackert die Flamme!

 

Und der das Lied für euch erfand

In einer dieser Nächte,

Der wollte, daß ein Musikant

Es bald in Noten brächte!

Heißt das: ein rechter Musikant!

Dann kläng’ es hell durchs deutsche Land:

Pulver ist schwarz,

Blut ist rot,

 Golden flackert die Flamme!